Ja, ich bin ein Digital Immigrant: so nennt man doch Leute, die im digitalfreien Zeitalter aufgewachsen sind. Und die sich spät, aber doch, in die Digitalisierung einarbeiten wollen…
Meinen Werdegang zum Digital Immigrant will ich in diesen Blogbeiträgen in mehr oder weniger regelmäßiger Folge veröffentlichen.
Mein lebenslanger Weg zur Digitalisierung
Als jetzt 100%ig überzeugter Digital Immigrant erzähle ich über die Hintergründe aus meiner beruflichen Laufbahn, die mich immer näher an die Digitalisierung herangeführt haben. Und mein aktuelles Interesse an den gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen dieser fast alle Lebenskreise erfassenden neuen Kulturtechnik: der Digitalisierung.
Zeit der Studien
Hatte ich meine technischen Studien (Maschinenbau; Betriebswissenschaften) und die technische Dissertation sowie meine F&E-Arbeiten als Hochschulassistent an der Technischen Hochschule Wien in den 1950er und 1960er Jahren noch mit Papier, Bleistift und Rechenschieber bestritten, kündigte sich mit dem Mailüfterl von Zemanek – damals zu bewundern in der Auslage des Amerika-Info-Centers am Wiener Opernring – eine neue Ära des Rechnens an: der (digitale) Computer. Dieses kastengroße Transistor-Wunderwerk glitzerte dort publikumswirksam mit vielen bunten Lämpchen.Das Original-Mailüfterl ist heute übrigens im Technischen Museum in Wien zu besichtigen.
Start in der Wirtschaft:
In den 1960er Jahren begann ich meinen Berufsweg als Vorstandsassistent in der Stahlindustrie. Und lernte die Welt der Großrechner kennen: Lochkarten, IBM 1401-Rechner, Magnetkern– und Magnetbandspeicher, endlose gedruckte Papierausgabe-Stapel, vor allem für die Abteilung Buchhaltung. Alles in einem mehrere 100m² großen klimatisierten EDV-Zentrum am Fabriksgelände der renommierten Spezialstahlfirma.
Von „Digitalisierung“ keine Rede.
Das Schlagwort von der Digitalisierung gab es im firmeninternen Sprachgebrauch und in den Printmedien noch lange nicht. Betriebssysteme und Software im heutigen Verständnis bestenfalls in rudimentärer Form; man programmierte seine Arbeiten in FORTRAN, BASIC, Pascal, COBOL.Das Rechenzentrum eines Unternehmens führte ein isoliertes Schattendasein: Rechnen eben war seine Daseinsberechtigung!
Mikroelektronik und Halbleitertechnologie starten ihren Siegeszug.
Ende der 1970er/Anfang der 80er Jahre vertiefte ich mich beruflich bedingt in die sich rapide entwickelnde Technologie der Mikroelektronik, besichtigte Entwicklungslabors und Fabriken der Halbleiterfertigung mit der strategischen Vorgabe, entsprechende Firmen zu gründen und dort die Produktion von Bauteilen aufzunehmen. Und wir waren erfolgreich. AT&S und ams wurden gegründet, heute Weltmarkt-Player.
Fabrikautomation wird ein Thema.
Mit Hilfe renommierter internationaler Berater durchleuchtete ich intensiv das Potential von neuen Entwicklungen in der Fertigungstechnik und in der Fabrikautomation: LIndustrieroboter, Lasermaschinen, Maschinen und Anlagen für die Chipfertigung.
Ich besuchte die erste wirklich „mannlose Fabrik“ in Japan, das Pilotprojekt eines Weltmarktführers. Weitläufige Hallen im Dämmerlicht,nur ein gleichmäßiges Summen der arbeitenden Werkzeugmaschinen und ihrer zugeordneten Roboter erfüllt die Räume und „belebt“ die ungewohnte Stille. Transportroboter in luftiger Höhe bringen die tonnenschweren Werkstücke zu den Maschinen und holen sie nach erfolgter Bearbeitung wieder ab.Unser Werksführer erklärt uns, dass nur mehr ein minimales Notfallteam irgendwo in Bereitschaft stehe.
Industrie 3.0
Ich prüfte so ziemlich alles, was heute unter Ind.3.0 etikettiert wird, auf seine strategische Eignung für den Konzern. Der Erfolg stellte sich ein: wir entwickelten automatisierte Fertigungslinien, die z.B. in der Autoindustrie zum Einsatz kommen. Und Laseranlagen, die Metalle wie Stahl mit höchster Präzision schneiden und schweissen.Und Vieles mehr.
Aus „elektronisch“ wird „digital“.
Längst hatte der Einzug der Digitalisierung ins Büro und in die private Nutzung begonnen: Da gab es das erste digitale Schreibsystem von IBM in meinem Sekretariat. Den ersten PC/ein Commodore für zuhause. Laptops beruflich und privat. Digitalen Telefonanschluß. Digitales Radio und Fernsehen. Digitale Kameras. mp3-Player. Das Internet und einen Internetanschluß. Email. Das WWW und eigene Websites. Digitales im Auto. Das erste Mobiltelephon. Das erste Smartphone. USB-sticks. Digitale Scanner, Faxgeräte und Drucker. mp4-Video. Ein digitales Hörgerät nach Hörsturz. Digitale medizinische Diagnosegeräte wie MRT.
Online.
Online Sein überall und jederzeit,online lernen,kommunizieren, informieren, kaufen und verkaufen, Banking. Social Media nutzen. Bilder mit Adobe Photoshop bearbeiten und perfekt ausdrucken.
Digitale Revolution.Digitale Transformation.Ind.4.0. IoT.
Und jetzt die allgegenwärtige mediale Präsenz von Ind.4.0, Internet der Dinge/IoT und den Schlagworten der Digitalen Revolution und der Digitalen Transformation; keine Ausgabe einer Zeitung, einer Zeitschrift, eines Magazins, in der nicht über Digitales berichtet und diskutiert wird.
Ich bin froh und stolz, diese Entwicklungen „von der Stunde Null an“ erleben, ein bißchen mitgestalten und verstehen zu dürfen.
Von Digital Natives und Digital Immigrants.
Und ich lernte, dass man meinesgleichen (> 65 Jahre) in die Klassen Digital Alien, freundlicher: Digital Immigrant, gegebenenfalls: Digital Explorer und Digital Integrator einordnet. Und dass meine Kinder nur halbe Digital Natives sind, weil vor 1980 geboren und erst seit der Volksschule in die neuen Technologien eingeweiht. Und meine Enkelgeneration – Millenials – sind die ersten 100%igen Digital Natives, für die alles so selbstverständlich ist, als wäre es immer schon, von Anfang der Welt, dagewesen.
Verstehen, mitgestalten oder nur konsumieren?
Man kann die Produkte der Digitalisierung per try&error oder Betriebsanleitung nutzen/konsumieren; man kann versuchen, sie zu verstehen, hinter die Kulissen zu schauen; und gegebenenfalls selbst mitgestalten.
80 und kein bisschen müde…
Ich werde heuer 80 und so möchte Dich, lieber Leser, an meinen aktuellen Streifzügen in der Welt der Digitalisierung teilhaben lassen!
Ja,ich bekenne und bin stolz darauf:
ICH BIN EIN DIGITAL IMMIGRANT!
Und Tschüss sagt Euer Blogger
Burkhard Zimmermann