Hörgeräte

Die digitale Transformation

Burkhard Zimmermann 2016. Vielfach bearbeitete Tiefenstruktur des geöffneten Hinter-dem-Ohr-Teiles eines eines Phonak-Hörgerätes
Burkhard Zimmermann 2017. Bearbeitete Tiefenstruktur eines Hinter-dem-Ohr-Hörgerätes.
Diesmal: Digitale Geräte >>> Hörgeräte
Unglaublich, die technologischen Entwicklungen im Bereich der digitalen Komponenten von alltäglichen Geräten wie Smartphones, Kameras und Hörgeräten!

Im Kern geht es um die Miniaturisierung: von Mikroprozessoren, Mikrophonen und Lautsprechern.

Ein Hörsturz und die Folgen
Liebe Leser,  heute möchte ich Euch eine sehr persönliche Geschichte erzählen. Und sie mit meinen Erfahrungen in der Digitalen Transformation in Verbindung setzen.
Seit über einem Jahr verwende ich ein digitales Hörgerät. Wie kam es dazu?
Ein „Steilabfall“-Audiogramm
Nach einem Hörsturz Anfang der 1990er Jahre und nach zwei Wochen Aufenthalt im Krankenhaus wurde ich mit einem sog. „Steilabfall“-Audiogramm nach Hause entlassen.
Das bedeutet: während ich nach 10 Tagen, bei absoluter Taubheit und ständigen Gleichgewichtsstörungen, mit Infusionen behandelt, schließlich auf einem Ohr zuerst ganz unmerklich wieder Geräusche wahrnehmen und nach mehreren Monaten fast so gut wie vor dem Hörsturz Gesprächen folgen konnte, blieb das andere Ohr mit Ausnahme der tiefen Tonfrequenzen endgültig taub.
Lebenslang halbseitig fast taub?

Mein Schicksal, nun zu den besonders stark Hörgeschädigten der österreichischen Bevölkerung zu gehören, erwies sich sowohl  im Privatleben, insbesondere  aber auch in meiner damaligen Tätigkeit als selbständiger Unternehmensberater als äußerst hinderlich. Denn bei Gesprächen in größeren Kunden-Teams, bei Präsentationen und Veranstaltungen, auf Messen oder – Horror!- in lauten Fabrikhallen hatte ich größte Mühe, meine Gesprächspartner zu verstehen. Im HNO-Jargon ist das als der Party-Effekt bekannt. 

Burkhard Zimmermann 2016. Mit Photoshop bearbeitete Tiefenstruktur des Mikrophonblocks eines Phonak-Hörgerätes (4)
Burkhard Zimmermann 2016. 32ste Tiefenstruktur des Fotos eines geöffneten Hinter-dem-Ohr-Hörgerätes / von der Rückseite des Mikrophonblocks aufgenommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Klassische „analoge“ Hörgeräte?
Gab es damals nicht schon (zwar analoge) Hörgeräte? Ich wurde auf sie im Alltag, im Vorbeigehen, auch im Bekanntenkreis aufmerksam. Ich war ja inzwischen darauf sensibilisiert!
Doch für diese meine Diagnose gab es leider in den 1990er Jahren und auch viele Jahre später laut Aussage meiner behandelnden HNO-Fachärzte keine geeigneten Hörgeräte!

Bei Hörsturz ist größte Eile geboten! Darüber hinaus warnte mich der HNO-Arzt, dass der nächste Hörsturz statistisch gesehen sehr bald eintreten könnte und gab mir seine Notrufnummer, damit ich ihn beim ersten Anzeichen alarmieren könne.

Sonst wäre auch das heil gebliebene Gehör wahrscheinlich weg. Denn beim Eintritt eines Hörsturzes verschlechtert ja jede angefangene Stunde, die ohne Behandlung vergeht, die Chance auf Wiederherstellung der Hörfähigkeit. Nach maximal 12 Stunden sind alle betroffenen Hör-Härchen irreparabel tot.

Das waren keine angenehmen Aussichten…

Die Digitalisierung bringt die Lösung

Mit der Zeit gewöhnte ich mich auch an diesen schwer beeinträchtigten Zustand. Bis bei der obligaten jährlichen Hörkontrolle mein HNO-Spezialist meinte, dass jetzt endlich der Zeitpunkt für ein digitales Hörgerät, das auch für meinen Fall Besserung verspreche, gekommen sei. Und dass außerdem eine ständige Stimulation der betroffenen Hörregion des Gehirns besonders wichtig sei >> als Vorbeugungsmaßnahme gegen Altersdemenz!  

Burkhard Zimmermann 2017. Mit Photoshop mehrfach bearbeitete Tiefenstruktur des Fotos eines zerlegten Phonak-Hörgerätes.
Burkhard Zimmermann 2017. Mehrfach bearbeitete Tiefenstruktur eines zerlegten Hörgerätes.

Den Fortschritten in der Digitalisierung und der Miniaturisierung sei also Dank: jetzt gibt es sie endlich, die programmierbaren digitalen Hörhilfen – auch für solche bisher hoffnungslosen Fälle.

Worin bestehen nun die technologischen Fortschritte, die ich seit jenen frühen 1990er Jahren miterleben durfte?

Erstens: die rasante technologische Entwicklung bei den Mikroprozessoren.  

Es war um die Wende der 1970er zu den 1980er Jahren, da beschäftigte ich mich intensiv mit dem aktuellen Stand und der Zukunft der Mikroelektronik. Beraten von spezialisierten Experten besuchte ich Forschungs- und Produktionseinrichtungen in den digitalen Hotspots.

Die Bedeutung der Wellenlänge für die Miniaturisierung

Damals diskutierte man, dass mit der Wellenlänge des Lichtes eine absolute Grenze der Miniaturisierung bei der Herstellung integrierter Schaltkreise erreicht werde.

Die Wellenlänge für die Fotolithographie war zwar 1975 von 10 µm (Mikrometer) auf 1,5 µm  herabgesetzt worden. Heute, 42 Jahre später, gehören Elektronenstrahl-, Laserstrahl-, Ionenstrahl- und Röntgenstrahl-Lithographie im 7 nm (Nanometer = 7 Milliardstel Meter) Bereich und stets weiter optimierte Herstellungsverfahren zur Ausrüstung von spezialisierten Halbleiter-Fertigungsanlagen. 

Die Bedeutung des „Mooreschen Gesetzes“ für die Digitale Transformation

Und mit diesen neuen Lithographie-Verfahren konnte die Miniaturisierung weiterhin dem „Mooreschen Gesetz“ folgen:

Danach verdoppelt sich alle 2 Jahre in etwa die Zahl der Transistoren je Flächeneinheit  auf integrierten Schaltkreisen. Diese können dadurch immer kleiner und leistungfähiger werden.

Diese technologische Entwicklung ist der eigentliche Treiber der Digitalen Revolution, auch im Spezialsegment der digitalen Hörgeräte.

Für Interessierte etwas Lesestoff:  

https://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Welt

https://de.wikipedia.org/wiki/Digitaltechnik

Und erste Informationen zur Technologie der Integrierten Schaltkreise/ Mikroprozessoren entnimmt man z.B.

https://de.wikipedia.org/wiki/Mikroprozessor.

Eine meiner Meinung gute Übersicht über die Herstellungsprozesse von Halbleitern gibt die Webseite www.halbleiter.org.

Wafer-Scheiben mit einem Hundertstel Millimeter Dicke zum Preis von je 10.000 €!

Und noch ein kleines Detail am Rande soll den rasanten technologischen Wandel der Halbleitertechnologie illustrieren:

Integrierte Schaltkreise werden auf einem Silizium-Substrat aufgebaut, dem sog. Wafer oder Slice. Das sind dünne graue Scheiben, die von im Vakuum gezüchteten Silizium-Einkristallen heruntergeschnitten werden. Waren die Wafer,die ich in den 1970er Jahren in der Hand hielt, ca. 10 cm klein und recht dick, so werden 2017 zum Teil Dünnwafer mit der Dicke im Bereich von 0,1 mm bis 0,01 mm (ein Hundertstel mm!!!) verwendet. Wert so einer Scheibe: um die 10.000€! 

Kürzlich angekündigt: Wafer mit 45 cm Durchmesser und nur knapp 1 mm Dicke!

Auch der Durchmesser der Wafer (-Scheiben) ist seither gewachsen:  von  etwa 10 cm (1975) auf 30 cm (2017), und bereits angekündigte 45 cm in den nächsten Jahren!

 

Burkhard Zimmermann 2017. Mit Photoshop bearbeitetes Tiefenstrukturbild eines Fotos von einem zerlegten Phonak-Hörgerät.
Burkhard Zimmermann 2017. Vielfach weiterbearbeitete Tiefenstruktur eines Hörgeräte-Fotos

 

 

 

 

 

 

 

Zweitens: Entwicklungen bei Sensoren und Aktoren:

Heute sind Nanosensoren und Nanomotoren „aus dem Katalog“ am Digital-Komponenten-Markt eine Selbstverständlichkeit.

Bei Interesse an der Nanotechnik siehe auch

https://www.google.at/search?q=Nanosensoren&client=firefox-b-ab&dcr=0&tbm=isch&tbo=u&

Ende der 1970er Jahre untersuchte ich auch den Themenkreis Sensorik und Aktorik.

In einer Fachtagung mit Experten an der Johannes Kepler-Uni Linz erörterten wir die Möglichkeiten, „intelligente“ Sensorsysteme auf Halbleiter-Fertigungsanlagen zu erzeugen. Schließlich war die mit Robotern automatisierte Fabrik in vielen Branchen bereits realisiert – damals noch ohne Internet/Industrie 4.0! – und ein riesiger Bedarf an Sensoren und Aktoren (Stellgliedern) war vorhersehbar. Deshalb erörterten wir auch die technischen Möglichkeiten der Nanomechanik (NEMS) für Sensoren und Aktoren; auch den Bau von sehr exakt arbeitenden Linearmotoren mittels des Piezoeffektes.

source=univ&sa=X&ved=0ahUKEwjbhPak4b7YAhXBCewKHdJmAA4QsAQIVw&biw=1516&bih=987

https://www.google.at/search?q=Nanosensoren&ie=utf-8&oe=utf-8&client=firefox-b-ab&gfe_rd=cr&dcr=0&ei=g1pOWrLCBq2g8wfdyqzwBw

http://www.nanomotion.com/wp-content/uploads/2014/08/catalog_2011_072814.pdf

Medizinische (Sonder-) Hörgeräte

In den späten 1970er-Jahren analysierte mein Team auch verschiedene Segmente des Medizintechnik-Marktes. Darunter auch die Technologie von digitalen  Hörgeräten.

So erläuterten mir ca. 1977 Dr. Ingeborg und  Prof. Erwin Hochmair an der TU Wien/Institut Prof.Paschke, ihre Entwicklung einer implantierbaren digitalen Hörhilfe (heute Fa. MED-EL in Innsbruck). Ein phänomenaler technologischer Durchbruch!

Von brauchbaren digitalen Hinter dem Ohr– oder  Im Ohr-Geräten, wie sie heute am Markt gang und gäbe sind, war aber noch keine Rede, auch nicht Anfang der 1990er Jahre (nach meinem Hörsturz).

Was bedeuten diese technologischen Entwicklungen für Hörgeräte?

Moderne digitale Hörgeräte  benötigen mehr als nur leistungsfähige spezielle Mikroprozessoren. 

Mikrophone und Lautsprecher

Burkhard Zimmermann 2016. Miniaturisierte Mikrophone digitaler Hörgeräte genügen hohen Qualitätsanforderungen
Burkhard Zimmermann 2016. Mikrophonblock eines digitalen Hinter-dem-Ohr-Hörgerätes

Hörgeräte müssen die Stimmen von  Menschen und Tieren, Warnsignale (von Autos, Einsatzfahrzeugen, Bussen , Straßenbahnen, Zügen,…), die unterschiedlichsten Geräusche der Umgebung, den Hintergrundlärm einer modernen Stadt oder einer lauten Partyszene, aber auch die feinsten Töne und Klangwelten von Musik,  mit ihren Mikrophonen aufnehmen und an die Mikroprozessoren weitergeben. Wichtig auch das Richtungs-„Hören“.

Die Mikroelektronik (Mikroprozessor, „Mini-Computer“)nimmt die Signale der Mikrophone als Eingangssignale entgegen, be- und verarbeitet sie entsprechend den Anforderungen und gibt sie als individuell maßgeschneiderte Ausgangssignale an Signalverstärker und dann letztlich an die Lautsprecher im Ohr weiter, wo sie in Schallwellen transformiert werden.

Burkhard Zimmermann 2016. Miniaturisierung bei Sensoren: Mikrophone von Hörgeräten
Burkhard Zimmermann 2016. Teile des Mikrophonblockes eines digitalen Hörgerätes.

 

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Burkhard Zimmermann 2016. Mikrophon-Block, Mikroprozessor/Computer und Lautsprecher eines Hinter-dem-Ohr-Hörgerätes.
Burkhard Zimmermann 2016. Die Kernstücke eines Hinter-dem-Ohr-Hörgerätes: der kompakte Block aus Mikrophonen und Mikroprozessor ist über ein Kabel (in der Schutzhülle) mit dem Lautsprecher (in der Schutzflasche) verbunden

 

 

 

 

 

 

 

 

Sowohl an die Mikrophone als auch an die Lautsprecher werden höchste Anforderungen gestellt, was die Qualität als auch die Miniaturisierung betrifft.

 

Burkhard Zimmermann 2016. Ein defektes Im-Ohr-Hörgerät, geöffnet. Diese Geräte verschwinden fast unsichtbar im äußeren Gehörgang. Sichtbar ist der Mikroprozessor-Block. Nicht sichtbar sind der Lautsprecher und die Mikrophone. Vom Mikroprozessor führt ein Kabel zum nicht sichtbaren Lautsprecher. Die Mikrophone befinden sich auf der abgekehrten Seite des Mikroprozessor-Blocks.
Burkhard Zimmermann 2016. Ein Im-Ohr-Hörgerät, geöffnet.

Das Innenleben  von digitalen Geräten

Wie sieht die Miniaturisierung generell bei digitalisierten Geräten aus?

Das interessierte mich. Und ich begann, bei Händlern defekte  und deshalb  zur Verschrottung bestimmte Geräte  wie Mobiltelefone, Smartphones, Digitalkameras, Fernbedienungen, Laptops, und u.a. auch Hörgeräte, zu “erbitten“. Ich zerlegte sie und hielt ihr Innenleben im Bild fest.

Wollt Ihr sehen, wie klein das Mikrophon oder die Kamera eines Mobiltelefons/Smartphones ist?  Wie die kleinen Leiterplatten aussehen?

Das, liebe Leser, möchte ich Euch demnächst mit einigen Bildern belegen.

PS: Die themenbezogenen Tiefenstruktur-Bilder habe ich eingestreut, um Euch auf meine Beiträge und Galerien zum Thema „Tiefenstrukturen“ zu locken…

Bis dahin verbleibe ich als

Burkhard Zimmermann
Euer Blogger Burkhard Zimmermann